Film-Kritik: In „Dope“ von Rick Famuyiwa versuchen drei Teens, die Highschool zu überleben. Sie haben hohe Ziele
„You go to high school in Inglewood . . . you think you’re gonna get into Harvard?“ Und wie Malcolm denkt, es ist der einzige Weg. Doch von Anfang an.
Eine Erzählerstimme (Forest Whitaker) stellt die Protagonisten vor: Malcolm, Jib und Diggy. Sie fahren ab auf „white shit“ wie Skateboards, Mangas, TV on the Radio und vor allem „getting good grades“. Sie sind die Außenseiter und Geeks der Schule, tragen ihre MC-Hammer-Pants und Sneaker – „straight from the flea market“ – und sind große Verfechter des 90er-Jahre-Hip-Hop, der ihrer Meinung nach am ehrlichsten und wegweisend war. Malcolm, gespielt von Shameik Moore, ist Anführer der Gang und Obernerd. Diggy, von der wundervollen Kiersey Clemons gespielt, ist lesbisch und muss jeden Sonntag in der Kirche einen Bekehrungsversuch ihrer Familie durchstehen: „Pray away the gay“. Tony Revolori, der Lobbyboy aus Wes Andersons grandiosem „The Grand Budapest Hotel“, ist Jib. Die drei versuchen, die Highschool in Inglewood zu überleben, und legen alles daran, aus diesem tristen Ort verschwinden zu können. Für sie zählen gute Noten mehr als Cliquenzugehörigkeit, Ansehen und Coolness. Malcolm zieht es nach Harvard, das Motivationsschreiben in Form einer Abhandlung über Ice Cubes „Today was a good day“ wird vom Direktor aber belächelt. Er soll doch bitte schreiben, was ihn ausmacht und was die Elite-Universität von ihm hören möchte: nämlich das Klischee (alleinerziehende Mutter, unbekannter Vater, farbig). Fehlt nur noch das Drogendealen zur runden Sache. Und wie der Zufall es will („slippery slope“!), wird Malcolm auf einer Party eine Wagenladung einer neuen Droge untergejubelt, die er loswerden muss, ohne Spuren zu hinterlassen.

Just cruisin‘. Foto: 2015 Sony Pictures Releasing GmbH
„Dope“ spielt in Inglewood, dem kalifornischen Zentrum afroamerikanischer und hispanischer Kultur, mit all den verschiedenen Gangs und ganz viel Kriminalität. Malcolm ist Afroamerikaner, Diggy ist Afroamerikanerin, Jib zumindest zu 14 Prozent. Der Film beginnt als Komödie über nerdige Jugendliche und macht dann die Wende hin zu einer schlauen Studie übers Schwarzsein in Metropolen des Schwarzseins. Malcolm vereint unfreiwillig zwei Leben in sich, von denen das eine (stereo)typisch (Drogendealen), das andere sein wahres ist (Nerd). Der Regisseur Rick Famuyiwa will genau hier hin und das Stereotyp bearbeiten, das vorgefertigt in den Köpfen herrscht. Die Problematik des N-Wortes wird ebenso behandelt wie die Frage, wer es nach Harvard schafft. Was bedeutet es, ein Farbiger zu sein, der das Klischee teilweise erfüllt, ihm entgehen will, während es ihm zwanghaft übergestülpt wird?
Malcolm löst seine Misere, und zwar mit Grips. Ja, ein N*+#*, der es drauf hat. Auf die Frage, warum Harvard als Wunsch-Universität auserwählt wurde, antwortet er im neuen Motivationsschreiben im letzten Satz schlicht: „If I weren’t black, would you even have to ask?“ Recht hat er.

Malcolm, gespielt von Shameik Moore, ist Anführer der Gang und Obernerd. Foto: 2015 Sony Pictures Releasing GmbH
„Dope“ stereotypisiert auf stilistischer Ebene gleichzeitig vollkommen. Es wird ein musikalischer Trip durch den Hip Hop der 90er-Jahre und Nas, Naughty By Nature und Public Enemy zum Besten gegeben. Für die Produktion der Originalsongs – Malcolm, Diggy und Jib gründen eine Band namens Awreeoh – konnte Pharrell Williams verpflichtet werden. Modisch ist ebenfalls einiges geboten. Neben den typischen Outfits der Gangster mit Goldkettchen, Grills und Feinrippunterhemden trägt die Gruppe der Geeks weite Hosen, Vintagepolohemden mit Hosenträgern und fährt auf BMX-Rädern umher.
Hip Hop Hooray!
Natalie Broschat
Die Kritik Als Hip-Hop noch ehrlich war erschien zuerst auf cult: Kulturzeitung der bayerischen Theaterakademie cult:online - Kritik.